Reihe: Das Unbehagen in der Kultur im Spätkapitalismus XI
Die Europawahlen stehen bevor und die Visionen von einem geeinten und demokratischen Europa sind in hellster Krise. Kapitalismus und Demokratie - schon immer ein zerstrittenes, widersprüchliches Paar – sind in ganz neuer Weise in einen scharfen Gegensatz geraten.
Wirtschaftsliberalismus und die politische Technokratie der EU-Troika unterminieren die Souveränität sowohl der Staaten wie der Zivilgesellschaften. Der Vortrag gibt eine verständliche Einführung in die brillante Krisendiagnose von Wolfgang Streeck ("Gekaufte Zeit"), die aus seinen Frankfurter Adorno-Vorlesungen hervorgegangen ist. Streeck sieht einen Kapitalismus ohne Demokratie entstehen und arbeitet dies in einer polit-ökonomischen Gesellschaftsgeschichte seit den 1970er Jahren heraus.
Er zeigt, das die Analyse, die Jürgen Habermas 1973 unter dem Titel „Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus“ an einem strukturellen ökonomischen Defizit leidet, das aber aufgehoben werden muss, will man die Genese der neoliberalen Ideologie und politischen Praxis in den EU-Mitgliedsstaaten begreifen.
Streeck arbeitet dann die politischen Konstellationen und Strategien heraus, in denen der Neoliberalismus auf Betreiben der Eliten zunehmend das politische Handeln bestimmt hat, zunächst in Chile und in Großbritannien. Seine Analyse kulminiert in der Kritik der Euro-Einführung, mit der die Chance der korrigierenden Abwertung von Währungen durch einzelne Nationen innerhalb des Euroraums unmöglich wurde. Hierin sieht Streeck den zentralen Punkt, an dem sich der Verlust wirtschaftspolitischer Souveränität mit der Krise der Demokratie verbindet. Streecks politischen Empfehlungen indes sind heiss umstritten. In der Öffentlichkeit bezieht Jürgen Habermas prominent Gegenposition. Wir lernen die Kernpunkte der Debatte kennen.
Vortrag und Diskussion mit Dr. Wolfgang Lenk
Die Veranstaltung ist kostenfrei.
Eine Anmeldung ist nicht nötig.
Infos im Bildungswerk: Birgit Guth, guth@bildungswerk-boell.de
Die Veranstaltung wird realisiert mit Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin
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