Die Dublin II-Verordnung regelt die Zuständigkeiten von Mitgliedstaaten für Flüchtlinge innerhalb der EU. Die dort geregelte Zuständigkeit des Ersteinreisestaates führt dazu, dass
sich die EU-Staaten, in denen die Flüchtlinge letztlich um Schutz nachsuchen oder nachsuchen wollen, für unzuständig erklären können (Drittstaatenregelung). Stattdessen verweisen sie auf die Zuständigkeit des Staates der Ersteinreise und praktizieren damit ein System innereuropäischer Abschiebungen.
Nach Einfügung der Drittstaatenregelung in das Grundgesetz bringt dessen Export nach Europa Flüchtlinge in eine verzweifelte Situation: Angekommen in Deutschland, sollen sie
nach Malta, Italien, Ungarn, Griechenland oder Litauen, wo ihnen Haft oder Obdachlosigkeit drohen, ohne dass ihnen ein menschen- und europarechtlichen Mindeststandards
genügendes Asylsystem zur Verfügung stünde.
Die anstehende Reform der Dublin II-Verordnung in Gestalt der wohl ab Herbst geltenden Dublin III-Verordnung wird an dieser
Struktur nichts ändern. Die Prämisse dieses Konzepts ist ein nicht mehr hinterfragter Bestandteil des europäischen
Flüchtlingsrechts geworden. Sie war Ausgangspunkt der Harmonisierung des Asylrechts, basierend auf der Fiktion, dass es einheitliche asylrechtliche Standards in Europa gebe. Der
Vortrag beschäftigt sich mit der Anwendung, Legitimität und Legalität dieses Konzepts. Ist es völkerrechtlich, europarechtlich und menschenrechtlich zulässig, dass die Staaten ihre
Verantwortung gegenüber Schutzsuchenden, z.B. nach der Genfer Flüchtlingskonvention, an andere Staaten delegieren? Oder ist es 20 Jahre nach Änderung des Asylgrundrechts höchste Zeit, die deutsche und europäische Asylpolitik grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen?
Vortrag und anschließende Diskussion mit der englischen Rechtswissenschaftlerin
Dr. Maria-Teresa Gil-Bazo
Refugee Studies Centre, University of Oxford/Newcastle Law School, University of Newcastle
Der Vortrag ist in englischer Sprache.
Es besteht die Möglichkeit, sich an der Diskussion in deutscher Sprache zu beteiligen.
Ort: Juristische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 9 (Altes
Palais), Raum 213, 10099 Berlin
S- und U-Bahnhof Friedrichstraße oder Bushaltestelle Staatsoper (Linien 100, 200, TXL)
Veranstalter:
Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung in Kooperation mit
RAV (Republkanischer Anwältinnen-und Anwälteverein)
borderline-europe
akj-berlin (Arbeitskreis Kritischer Juristinnen und Juristen)
Realisiert mit Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin.
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