Im Jemen spielt sich derzeit eine verheerende humanitäre Katastrophe ab, die in den internationalen Medien kaum Beachtung findet. Nach 2,5 Jahren Krieg ist der jemenitische Staat de facto zusammengebrochen – die staatliche Infrastruktur, Straßen, Häfen, Krankenhäuser und Schulen sind zerstört. Verstörende Zahlen belegen die Dramatik: 10.000 Menschen kostete der Krieg das Leben, in zunehmender Zahl auch Zivilisten, 18 der 27 Millionen Jemeniten/innen hängen von humanitärer Hilfe ab und sieben Millionen Menschen sind akut von einer Hungersnot bedroht. Der weltweit größte Choleraausbruch verschärft die Krise. Rund 600.000 Menschen sind seit April erkrankt, mindestens 2.100 an den Folgen gestorben.
Eine Militärallianz aus arabischen und afrikanischen Staaten, angeführt von Saudi-Arabien und unterstützt durch die USA, reagierte mit der militärischen Intervention auf die Machtübernahme der politisch-religiösen Bewegung Ansar Allah, meist als „Huthi-Rebellen“ bezeichnet.
Die Lösung des Konflikts hat offensichtlich keine hohe Priorität in der internationalen Krisendiplomatie, bisherige Friedensbemühungen liefen ins Leere. Und auch Deutschland liefert weiter Waffen an Saudi-Arabien. Der Krieg spielt derweilen Teheran in die Hände – ohne das Iran viel investieren muss, ist der Konkurrent Saudi-Arabien in einen Konflikt mit hohen Kosten eingebunden. Doch der Iran ist nicht der einzige Gewinner, Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) ist heute stärker als jemals zuvor und Experten befürchten, dass der „Islamische Staat“, nach den drohenden Niederlagen im Irak und Syrien, versuchen wird im Jemen Fuß zu fassen. Immerhin richtete die U.N. Ende September eine Expert/innengruppe ein, welche die Menschenrechtsverletzungen im Jemen dokumentieren soll. Ein erster Schritt in Richtung Gerechtigkeit für begangene Kriegsverbrechen und damit ein kleiner Hoffnungsschimmer für das Land.
An diesem Diskussionsabend bieten die Teilnehmenden des Podiums einen Überblick über die unübersichtliche Akteurs- und Interessenlage des Konflikts im Jemen. Wer kämpft eigentlich gegen wen und warum? Handelt es sich tatsächlich, wie oft suggeriert, um einen Stellvertreterkrieg? In welchem Maße unterstützt der Iran die Huthis? Wie wirken amerikanische und deutsche Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien auf den Konflikt? Unsere Gäste geben zunächst einen Überblick über die aktuellen Konfliktdynamiken. In einem zweiten Teil diskutieren sie Handlungsoptionen, mit Fokus auf die mögliche Rolle der künftigen deutschen Bundesregierung.
Mit:
- Omid Nouripour, MdB, langjähriger Außen- und Sicherheitsexperte, Bündnis 90/Die Grünen
- Rasha Jarhum, jemenitische Menschenrechtsaktivistin und Research Fellow, American University of Beirut
- Michael Ohnmacht, Leiter des Referates Mittlerer Osten, Auswärtigen Amt
- Dr. Oliver Wils, Berghof Stiftung
Moderation: Fiona Ehlers, Redakteurin DER SPIEGEL
Sprache: Englisch/Deutsch mit Simultanübersetzung
Information:
Anja Hoffmann
Referentin Nahost & Nordafrika
Heinrich-Böll-Stiftung
E-Mail hoffmann@boell.de
Telefon +49(0)285 34 -321
Foto: Julien Harneis, CC BY-SA 2.0
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