Am 1. Juli 2012 wird der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag zehn Jahre alt. Ein Blick auf die zehnjährige Geschichte zeigt, dass eine Lücke zwischen dem Anspruch auf juristische Norm und Wirklichkeit besteht. Nicht alle Völkerstraftaten werden auch tatsächlich strafrechtlich verfolgt. Die Folge ist eine Ungleichbehandlung von Fällen, der eine politische Selektivität zugrunde liegt. Insbesondere die Strafverfolgung und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in bewaffneten Konflikten ist weiterhin eine Herausforderung für die internationale Strafgerichtsbarkeit.
Obwohl in fast allen der historischen Fälle im Rahmen von Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen neben Folter und Mord auch sexualisierte Gewalt verübt wurde, bleibt diese Form der Gewaltausübung bis heute weitestgehend von der Strafverfolgung ausgespart. Ist die Internationale Strafgerichtsbarkeit hier auf einem Auge blind? Oder liegt es an den Rahmenbedingungen und Vorgaben?
Ein eklatantes Beispiel sind die Tokioer Kriegsverbrechertribunale. Schätzungsweise 200.000 aus Korea und ostasiatischen Ländern stammende Frauen wurden im Zweiten Weltkrieg von der japanischen Armee versklavt und vergewaltigt. Ihr Fall ist vor dem Kriegsverbrechertribunal nicht verhandelt worden; das Schicksal der Frauen wurde ignoriert. Dennoch: Es bewegt sich etwas. Als das Rote-Khmer-Tribunal in Kambodscha 2006 seine Arbeit aufnahm, spielten Sexualstraftaten noch keine Rolle. 2008 wurden jedoch – initiiert durch Nebenklageanträge – „Gender-based Crimes“ auf Straftatbestand in die Anklage mit aufgenommen.
Trotz erster Erfolge auf internationaler Ebene ist die Zahl der straflosen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, insbesondere wo es um sexualisierte Gewaltverbrechen geht, erschreckend hoch. Worin bestehen also die Grenzen und Lücken des Völkerrechts? Welche Lehren können aus der Vergangenheit gezogen und welche Strategien für die Zukunft entwickelt werden? Wie könnte der Internationaler Strafgerichtshof seine Wirkungsmächtigkeit ausbauen und entfalten, um Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen und sexualisierter Gewalt entgegenzuwirken?
Mit:
Monika Hauser, geschäftsführendes Vorstandsmitglied von medica mondiale e.V., Köln und Alternative Nobelpreisträgerin 2008
Silke Studzinsky, Internationale Rechtsanwältin für die Nebenklage am Rote Khmer Tribunal, Berlin/Phnom Penh
Wolfgang Kaleck, Rechtsanwalt und Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation ECCHR, Berlin
Moderation:
Birgit Laubach, Geschäftsführerin der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin
Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Eine Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung in Kooperation mit dem Verlag Klaus Wagenbach.
weitere Informationen unter: http://www.gwi-boell.de/calendar/VA-viewevt.aspx?evtid=11143
Buchhinweis
Wolfgang Kaleck: „Mit zweierlei Maß. Der Westen und das Völkerstrafrecht“
Verlag Klaus Wagenbach
http://www.wagenbach.de/buecher/titel/846-mit-zweierlei-mass.html
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