Rückblende auf eine Zäsur in Ost- und Südosteuropa
6. Europäisches Geschichtsforum
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Der Sturz der russischen Zarenherrschaft im Februar 1917 und die Machtübernahme durch die Bolschewiki im November desselben Jahres haben ohne Zweifel auf ganz Europa ausgestrahlt. Die russische Revolution 1917 wurde zum Kulminationspunkt und zugleich zur Projektionsfläche emanzipativer Bewegungen, die sich aus sozialen, demokratischen und antiimperialen Motiven speisten.
Der Revolutionär Lenin und der amerikanische Präsident Wilson propagierten diametral verschiedene Spielarten nationaler Selbstbestimmung. War es bei Lenin der internationale Bürgerkrieg, der zur Emanzipation des Volkes von der Klassenherrschaft der imperialen Mächte führen sollte, so zielte Wilson auf die Selbstbestimmung der Völker in einer demokratischen Weltgemeinschaft. 1917 gerät letztlich zur geografischen Bruchlinie zwischen verschiedenen Auffassungen von Volkssouveränität: Der liberal-demokratischen mit ihren rechts- und verfassungsstaatlichen Institutionen im Westen und des durch Plebiszite legitimierten Führungsanspruchs der kommunistischen Kaderpartei im Osten.
Doch was waren die Triebkräfte, die zur Spaltung führten? Welche Voraussetzungen führten zum Sieg der Bolschewiki über die liberalen und konstitutionell gesinnten Kräfte und die demokratische Minderheit in der russischen Sozialdemokratie? Welche Modelle von Emanzipation versprachen Erfolg, welche Bedürfnisse nach Integration können wir aus den Staatsbildungsprozessen des gesamten Jahrhunderts in der Rückschau ablesen? Welche Konzepte von „Staat“, „Nation“ und „Union“ scheinen geeignet für Freiheit und dauerhaften Frieden zwischen den „Völkern“ nach den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts?
100 Jahr später stehen die normativen Antworten, die im politischen „Westen“ auf diese Fragen gegeben werden – liberale Demokratie, Rechtstaatlichkeit, Multilateralismus, europäische Integration – weltweit unter Druck. Das Europäische Geschichtsforum 2017 fragt danach, wie an unterschiedlichen Orten Europas (mit Schwerpunkt auf Ost- und Südosteuropa) an das Epochenjahr 1917 erinnert wird und welche Schlussfolgerungen für die aktuelle politische und mentale Verfasstheit der Region aus den dominanten Narrativen gezogen werden können.
Unter anderem mit:
- Gerd Koenen, Publizist/Historiker, Berlin
- Irina Sherbakova und Elena Rozhdestvenskaya, Historikerinnen, Moskau
- Boris Kolonitskiy, Historiker/in St. Petersburg
- Petar Todorov, Historiker, Skopje
- Amir Duranovic, Historiker, Sarajewo
- Beka Kobakhidze und Levan Lortkipanidze, Historiker, Tbilisi
Eine Kooperation der Heinrich-Böll-Stiftung mit dem Wissenschaftszentrum Memorial Moskau.
Wir bitten um Anmeldung unter folgenden Link: http://calendar.boell.de/de/event/6-europaeisches-geschichtsforum
Bild: Arinda Craciun. All rights reserved.
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