Der angekündigte Rollentausch im Tandem Putin-Medwedew wirft wieder die Frage auf, ob sich Russland modernisieren kann, ohne sich zu demokratisieren. Die Hoffnung, die sich mit den Modernisierungsaufrufen von Präsident Medwedew verband, ist in Russland kurz vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen einer allgemeinen Lethargie gewichen. Der in weiten Teilen der Gesellschaft wachsenden Meinung, dass „sich etwas ändern muss“, steht eine ebenfalls weit verbreitete Sehnsucht nach Stabilität entgegen. Gerade diese Stabilität dürfte aber gefährdet sein, sollte die Modernisierung misslingen.
Umfragen zeigen, dass das Vertrauen der Gesellschaft in die herrschenden Eliten im vergangenen Jahr sichtbar gesunken ist. Obwohl Wladimir Putin inzwischen selbst die Modernisierung Russlands beschwört und großes Wirtschaftswachstum verspricht, beginnen auch viele seiner Anhänger zu zweifeln, ob ein Neuaufbruch unter den gegenwärtigen politischen Bedingungen gelingen kann und nicht eine lange Phase der Stagnation droht. Es scheint vielen unwahrscheinlich, dass es ausgerechnet in der dritten Amtszeit Putins zu der Liberalisierung und Öffnung kommen wird, die für einen umfassenden Neuaufbruch nötig wäre.
Eine verfahrene Situation, da zudem die Wirtschaft weiter unter den Folgen der Finanzkrise leidet. Nach dem scharfen Einbruch von fast acht Prozent 2009 hat sich die russische Wirtschaft inzwischen zwar wieder stabilisiert. Doch selbst die Regierung gibt zu, dass das Vorkrisenwachstum von sieben oder acht Prozent ohne durchgreifende Modernisierung auf absehbare Zeit unerreichbar bleibt. Was tun?
Die „Chodorkowski-Debatten“ finden seit 2007 etwa halbjährlich in Moskau statt. Hier suchen Vertreterinnen und Vertreter der demokratischen und liberalen Opposition, aus Think Tanks und Zivilgesellschaft Auswege aus der Stagnation. Die Heinrich-Böll-Stiftung und der Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-russische zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit, Andreas Schockenhoff, haben die „Chodorkowski-Debatten“ nach Berlin geholt, um Anschluss an die Diskussionen in Moskau zu bekommen und gemeinsam mit den russischen Kolleginnen und Kollegen über Wege zur Demokratisierung, Liberalisierung und Modernisierung Russlands zu diskutieren.
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