Sozialbewegungen der Armen in Südamerika und in den arabischen Ländern - Gemeinsamkeiten und Unterschiede
In den Megacities des Südens sind die Slums zu einem wesentlichen Wohn- und Lebensort der armen Bevölkerungen geworden. Aus diesen territorialen Energien speist sich die informelle Ökonomie. Die Slums sind in ihrer Gesellschaftlichkeit von der Landflucht und von Rückbezügen auf das Land geprägt. Kann man die Tendenzen zur sozialen Veränderung, die von ihren gemeinschaftlichen Tätigkeiten ausgehen, als Sozialbewegungen beschreiben? Handelt es sich um „archaische“ (Hobsbawm) oder postmoderne Sozialbewegungen? Werden sie sich in Zukunft institutionalisieren (lassen)? Stehen sie stets in einem Verhältnis zu politischen Parteien und Regierungen?
Klassische Orte der Sozialbewegungen finden sich in Südamerika. Sie trugen wesentlich zum Ende der Diktaturen in den 1970er und 1980er Jahren bei. Im letzten Jahrzehnt gelang Parteien und Gruppen, die Sozialbewegungen verpflichtet sind, die Regierungsübernahme in
verschiedenen Ländern. Hat sich dadurch Grundlegendes im Sozialgefüge verändert?
In den arabischen Ländern gab es keine vergleichbaren sozialen Zusammenschlüsse. Die Diktaturen hatten solche Bewegungen im Keim erstickt. Erst die Sozialrevolten in Tunesien und Ägypten führten zu breiten gesellschaftlichen Zusammenschlüssen und zum Systemsturz, dessen Konsequenzen derzeit noch nicht auszumachen sind. Die entstehenden Sozialbewegungen zielen offensichtlich nicht auf die Regierungsübernahme, sondern auf wachsende gesellschaftliche Kritikfähigkeit und auf würdige Lebensbedingungen. Die regionalen und globalen Herrschaftsverhältnisse sind davon tangiert. Ist ein neues Paradigma der Sozialbewegung am Entstehen, das sich auch auf andere Kontinente ausbreiten könnte?
Konkrete Beispiele sollen vorgestellt werden, u.a. aus einer aktuellen Recherchereise nach Tunesien, in deren Rahmen Interviews mit jugendlichen AktivistInnen aus dem Landesinneren und aus einer Vorstadt von Tunis geführt wurden.
Theoretische Bezüge: Texte von Raúl Zibechi und Asef Bayat.
Referenten:
Helmut Dietrich: FDCL und FFM in den 1990er Jahren. 1997-2001 Hamburger Institut für Sozialforschung. 2006-2010 Universitäts-Dozent in Tunesien und Algerien.
Gerd Dietrich: Buchhändler und Verleger (Buchladen Rote Straße, Göttingen / Verlag Assoziation). Zahlreiche Aufenthalte in Tunesien, zuletzt im Rahmen einer Delegation vom 13. bis 16. Mai 2011.
Anmeldung nicht erforderlich.
Diese Veranstaltung wird realisiert mit Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin.
Foto: borderline-europe e.V. 2011
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