In der Kunst- und Kulturlandschaft Berlins bilden rassismus- und machtkritische Perspektiven eher die Ausnahme. Vielmehr werden eurozentristisch weiße Perspektiven dargestellt und diskriminierende Stereotypen reproduziert. Perspektiven und Lebensrealitäten von Menschen, die sich nicht der weißen Mehrheitsgesellschaft zugehörig fühlen,
werden wenig bis kaum thematisiert, genauso wenig wie diese in der personellen Zusammensetzung klassischer Kultureinrichtungen vorkommen. Diese strukturell als auch institutionell verankerten Ausschlüsse auf der Basis von sozialen
Konstrukten wie Class, Race, Gender und Ability spiegeln sich auch in den Zugangsmöglichkeiten bzw. in den Zugangsbarrieren zu Kulturinstitutionen in Deutschland wider. Die Verantwortung hierfür wird meist nicht in den diskriminierenden Strukturen in deutschen Kulturinstitutionen gesucht, sondern auf Seiten derjenigen, die sich von diesen Einrichtungen weder angesprochen noch repräsentiert fühlen.
Das JugendtheaterBüro Berlin (JTB), das Bündnis kritischer Kulturpraktiker*innen (BKK), sowie die Initiative Bühnenwatch versuchen auf unterschiedlicher Ebene und in der Zusammenarbeit diesen Mechanismen entgegenzuwirken.
An diesem Abend werden wir Szenen aus dem Theaterstück 90/60/90: Rollenscheiß sehen, in denen sich Jugendliche des JTB mit der Verzahnung verschiedener Diskriminierungsformen beschäftigen, allen voran Sexismus und Rassismus. Anschließend wird Sandrine Micossé-Aikins, Aktivistin im BKK und Bühnenwatch, einen Auszug aus dem Aufsatz „Kunst“ der in dem Sammelband „Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)erben des Kolonialismus deutschen Wissensarchiv“ erschienen ist, vorlesen. Dieser soll u.a. auch als Input für den darauffolgenden Austausch zwischen Micossé-Aikins, Çığır Özyurt, Theaterpädagoge und musikalischer Leiter beim JugendtheaterBüro Berlin, und den Schauspielerinnen dienen . Bei diesem Gespräch werden wir Einblicke in die Arbeit und Zusammenarbeit des BKK, Bühnenwatch und des JTB erhalten sowie Informationen zu ihren aktuellen Aktivitäten bekommen.
Das JugendtheaterBüro Berlin: Die Thematisierung von strukturell und institutionell verankerten Ausgrenzungen und Diskriminierungen in Form von Rassismus, Klassismus, Sexismus etc., wie auch globale politische Themen spielen in der Arbeit des JTB eine zentrale Rolle. Ebenso wie die von Strategien, um sich dem zu widersetzen und dagegen vorzugehen. Zusammen mit den Jugendlichen werden gesellschaftliche Macht- und Dominanzstrukturen thematisiert und bearbeitet, um in einem zweiten Schritt Stücke zu entwickeln, die am Ende für die Teilnehmenden eine Quelle des Empowerments und ein „Medium des Widerstands“ werden.
Das Bündnis kritischer Kulturpraktiker*innen ist ein Zusammenschluss verschiedener Kunst- und Kulturschaffender, die sich kritisch mit klassischen Kultureinrichtungen zu ihrer Ausrichtung in Bezug auf Rassismus, Ableismus und anderen Machtstrukturen auseinandersetzen und Strategien zur Überwindung von Diskriminierung in der Kunst- und Kulturszene entwickeln.
Bühnenwatch ist eine Initiative von Kulturschaffenden, die sich gegen rassistische Darstellungs- aber auch Einstellungspraxen und Strukturen in der deutschsprachigen Theaterlandschaft beschäftigt.
Çığır Özyurt ist in Berlin geboren, studierte Soziale Arbeit an der Alice Salomon Hochschule Berlin und Theaterpädagogik an der Universität der Künste Berlin. Als Teil des Leitungsteam des Jugendtheaterbüro Berlins, ist er für die Bereiche Theaterpädagogik und musikalische Leitung zuständig. Des Weiteren tritt er als politischer Singer/Songwriter und Rapper auf und ist Mitglied beim Bündnis kritischer Kulturpraktiker*innen.
Sandrine Micossé-Aikins ist Kuratorin, Kunstwissenschaftlerin und Aktivistin und beschäftigt sich mit den Zusammenhängen von
(alltags-)künstlerischer Produktion, rassistischen Machtstrukturen und Empowerment. 2012 gab sie gemeinsam mit Sharon Dodua Otoo die Anthologie „The Little Book of Big Vision: How to Be an Artist and Revolutionize The World“ heraus. Derzeit schreibt sie ihrer Doktorarbeit zu Hairpolitcs in Ghana an der Muthesius-Kunsthochschule in Kiel.
Gefördert von der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Männer* sind auch willkommen.
Über die Reihe:
„Kunst bleibt trotz ihrer Vereinnahmung durch westlich-weiße Vorstellungswelten [für Schwarze Künstler*innen und Künstler*innen of Color] ein Medium des Widerstandes, der Transformation und der Ermächtigung […]“ (Micossé-Aikins, Sandrine 2011).
“Art is the nonviolent tunnel for anger in our struggle against colonial, patriarchal and social injustice” (Zeidani, Mai 2014).
Welche Rolle spielen Kunst und künstlerisches Schaffen innerhalb von Prozessen der Identitätsverhandlungen und des Empowerments? Wie kann die Produktion und Darstellung von Kunst eingesetzt werden, um auf gesellschaftliche Dominanz- und Machtverhältnisse aufmerksam zu machen, auf diese Einfluss zu nehmen und als widerständiges Mittel fungieren, um ihnen entgegen zu wirken? Inwieweit kann durch Kunst Solidarität hergestellt und (konstruierte) Differenzen überwunden werden und welche Bedeutung haben Kunst und „Kultur“ für aktuelle politische? Diesen Fragen wollen wir in unserer 6-teiligen Reihe nachgehen. Der Schwerpunkt soll darauf liegen, Kunst und künstlerisches Schaffen als Ort der Selbstermächtigung und des Widerstands von und für Schwarze Frauen*, Frauen* of Color und Frauen* mit Migrationsgeschichte zu beschreiben und aufzuzeigen, wie dieses Medium auf unterschiedlichste Art und Weise als solches gesehen und verwendet wird.
Vorgestellt werden Arbeiten, Aktivitäten und Performances von: Alisa Anh Kotmair, dem JugendtheaterBüroBerlin und dem Bündnis kritischer Kulturpraktiker*innen, Moona Moon, Azadê, Sarah Mouwani und Bahati, Oxana Chi und Layla Zami und Branwen Okpako.
Gefördert und mitveranstaltet von: Landeszentrale für politische Bildungsarbeit Berlin realisiert mit Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung und Verein der Bundesfraktion DIE LINKE e.V.
Veranstaltung eingepflegt mit dem Importer FbEventsImporter object (24) von Ehemalige Nutzerin | 6 Jahre, 11 Monate her |