Wir befinden uns im Jahre 2012 nach Christus: „Ganz Spanien leidet unter der Wirtschaftskrise. Ganz Spanien? Im andalusischen Dörfchen Marinaleda regiert Juan Manuel Sánchez Gordillo, seine Bürger haben Arbeit, Häuser, grüne Gärten“, berichtete erstaunt der SPIEGEL im April diesen Jahres. Zahlreiche Journalist*innen im deutschen Blätterwald rieben sich verwundert die Augen: Hier soll es Genossenschaften geben? Basisdemokratie?? Selbstverwaltung???
Eine Seminargruppe vom Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll_Stiftung war bereits im Sommer 2010 auf einer Bildungsreise in Andalusien und hat Marinaleda besucht. Nach Francos Tod und dem Ende der Diktatur in Spanien hatten sich die Einwohner*innen von Marinaleda mehr als 1000 Hektar Land erkämpft, um es zum Nutzen der gesamten Gemeinde zu bewirtschaften. Heute ist das Dorf geprägt von Vollbeschäftigung, kommunalem Landeigentum, niedrigen Wohnungspreisen und Lohngleichheit innerhalb der Kooperative. Während in Spanien täglich Menschen vor die Tür gesetzt werden, weil sie ihre Mieten nicht mehr zahlen können, verliert in Marinaleda niemand seine Wohnung. Juan Manuel Sánchez Gordillo ist seit 1979 gewählter Bürgermeister der Gemeinde sowie Sprecher der CUT-BAI, dem Zusammenschluss der andalusischen Landarbeiter*innen. Er sitzt für die Partei Vereinigte Linke im andalusischen Parlament.
In letzter Zeit haben spektakuläre Umverteilungsaktionen der beiden Organisationen für großes Presse-Echo gesorgt. In mehreren Supermärkten wurden volle Einkaufswägen hinausgeschoben, ohne zu bezahlen, und die Produkte an die notleidende Bevölkerung verteilt. Seitdem sind Gordillo und andere Aktivist*innen, die vor den Supermärkten und im Fernsehen für Medienöffentlichkeit gesorgt hatten, für die einen moderne Robin Hoods, für die anderen Provokateure oder Terroristen.
Wir freuen uns, am 29. Oktober in Berlin mit zwei Vertreter*innen der Kooperative von Marinaleda ins Gespräch zu kommen. Vor dem Hintergrund der akuten Auswirkungen der Krise in Spanien werden wir mit ihnen über Marinaleda und über die ungewöhnlichen Protestformen angesichts von Kürzungspolitik, Spardiktat und Massenerwerbslosigkeit diskutieren.
Montag 29. Oktober 2012 um 19 Uhr im Bildungswerk Berlin der HBS, Kottbusser Damm 72, 10967 Berlin
Moderation: Andy Kleinert und Anne Steckner
Teilnahme frei
Anmeldung unter: lazova@bildungswerk-boell.de
Die Veranstaltung wird realisiert aus Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin
Die Veranstaltung wird ins Deutsche übersetzt.
Veranstaltung eingepflegt mit dem Importer FbEventsImporter object (11) von Julia Brenner | 6 Jahre, 12 Monate her |